Vier Jahre ist es nun schon her, dass ich vier Verleimböcke in Thüringen ersteigert habe. (Beim nochmaligen Lesen dieses ersten Satzes musste ich an Otto denken, wie er das Lied „Theo – vier fahr’n nach Lodz“ analysierte). Das Angebot war sehr günstig – schliesslich war Selbstabholung angesagt – und ich ging davon aus, dass ich die Dinger irgend wann schon gebrauchen könnte. Jetzt ist es der Fall.
Meine Werkstatt ist beengt und so habe ich die Teile in einem Unterstand gelagert. Dieser ist so beschaffen, dass das Wetter nicht ganz Draussen bleibt. Also hat sich einiger Flugrost gebildet. Zwei der Böcke habe ich mit Hilfe in die Werkstatt gewuchtet und auseinander montiert um die nötige Reinigung vorzunehmen. Als erstes kam ein großes ULMIA-Label zum Vorschein. Ich fragte mich: wie kommen die Verleimböcke in den Osten? Na gut, von Thüringen ist es nicht weit nach Bayern oder Hessen, dachte ich. Hat die sich jemand nach der Wende gekauft und braucht die nicht mehr… Auf der Rückseite bemerkte ich jedoch ein Inventarschild der Firma VEB Lederfabrik Hirschberg. Also doch schon zu DDR-Zeiten eingeflogen? Der Betrieb lag direkt an der Westgrenze zu Bayern im Sperrgebiet. Rüber getragen werden sie die schweren Kollose ja wohl nicht. Also ging ich davon aus, dass der Betrieb auch für den Westen Schuhsohlenleder produziert hat. Die Lederfabrik mit immerhin 250jähriger Geschichte gibt es nicht mehr. Bis auf das Verwaltungsgebäude ist für 40 Mio DM alles platt gemacht worden. Man fährt durch Hirschberg durch, wenn man auf der A9 Richtung München will. Direkt vor der Raststätte Frankenwald.

Hier findet man etwas über die Geschichte der Lederfabrik: https://www.stadt-hirschberg-saale.de/inhalte/stadt_hirschberg/_inhalt/geschichte/lederfabrik/lederfabrik
Eine richtige Vorstellung, was die mit den Böcken in einer Lederfabrik gemacht haben, habe ich nicht. Wahrscheinlich hatten die auch eine Tischlerei im Werk.
Hier sind ein paar Bilder von den Teilen:
halb zerlegt Man kann ein Seitenprofil zum Beschicken abklappen Der Zahn der Zeit und des Wetters
Wie auf einem Bild zu erkennen, kann man ein Seitenprofil weg klappen. Dabei werden pfiffigerweise die unteren Rollen angehoben und es wird so einfacher Material zum Verleimen von der Seite einzuschieben. Beim Reinigen und Fetten der Druckspindeln kam dann auch noch auf den Druckstempeln die Abkürzung D.R.G.M. (Deutsches Reichs- Gebrauchsmuster) zum Vorschein. Eigentlich würde das bedeuten, dass diese Teile schon vor 1945 produziert wurden. Also wahrscheinlich doch kein jüngeres Ost-West-Thema, sondern die Geräte sind schon vor den Amerikanern und Sowjets und dem Potsdamer Abkommen in Thüringen gewesen… Wie zu lesen ist, haben die Russen nach 45 70% der Fabrik in die Sowjetunion geschafft. Die Leimböcke sind offensichtlich da geblieben.

Die oberen Trägerprofile haben die Prägung ROECHLING NP. 12. Dazu habe ich nicht viel gefunden. Es kann Niederländisches Profil heissen, hilft aber zur Bestimmung des Alters auch nicht weiter.

Die ersten Bretter habe ich furniert. So zu sagen als Probe-Objekte. Vier Bohlen, die gerade so in die Böcke passen, habe ich mit 3mm Mahagoni belegt. Diese Bohlen will ich als Zulagen verwenden (nimmt man, um einerseits den Druck zu verteilen und Druckstellen auf dem Werkstück zu vermeiden). Furniert habe ich sie um ein Verwerfen zu vermeiden. Das Ergebnis ist ganz gut geworden, nur der Leim ist hier und da durchgeschlagen. Ich habe den Leim wohl etwas zu flüssig und auch zu viel aufgetragen.
in Betrieb
Ich werde als nächstes die Rückseiten der Zulagen furnieren. Wenn da kein Leim mehr durch schlägt, traue ich mich an richtige Möbelstücke. Zuerst furniere ich fünf Schubladenfronten mit Vogelaugenahorn. Davon später mehr.
Eine richtige Rarität Glück gehabt .
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habe diesen Exkurs in die Geschichte eines Werkstueckesmit Interesse gelesen. Roechling bezieht sich moeglicherweise auf den Stahlhersteller Roechling (Voelklingen Saar).
Gruss Germanus Pause germanus.pause@me.com
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NP 12 bedeutet Niederlaendisches Profil und Roechling ist der Walzstahlhersteller.www.walzzeichen/Walzzeichenliste.pdf
Germanus Pause
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Hallo Germanus! Gruss übern Teich!
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Warum nicht NP = „Normalprofil“. Wird auch heute noch verwendet.
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„Normalprofil“ habe ich bislang nicht gefunden. Niederländisches Profil schon. Ist aber scheinbar auch zur zeitlichen Einsortierung irrelevant.
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Hallo Rainer, also wenn du ggf. noch mehr über dein altes Werkzeug oder die Firma in Erfahrung bringen willst, dann frag doch bei Wolfgang Jordan nach Holzwerken.de
Der hat vermutlich sogar Kataloge zu deinen Verleimpressen.
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